Stolpersteine Gelnhausen

Praxistest „Guide Stolpersteine Gelnhausen – Eine Spurensuche für junge Menschen“

Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 der Kreisrealschule Gelnhausen führen sich gegenseitig durch die Altstadt auf den Spuren Jüdischer Opfer des Nationalsozialismus
Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt europaweit Stolpersteine, die an das Schicksal von NS-Opfern erinnern. Auch in Gelnhausen wurden seit 2009 über 100 solcher Steine verlegt. Seit 2012 arbeitet der Referendar Patrick Dörr, unterstützt durch die Historikerin Christine Raedler, die ihre Forschungsergebnisse zur Geschichte Jüdischer Familien zur Verfügung stellte, an einer Stolpersteinführung, die aufbauend auf den Steinen vor Ort gezielt junge Menschen ansprechen soll. Dabei führen sich die Jugendlichen gegenseitig, anhand ausgewählter originaler Zeitdokumente, Fotos und erklärender Sachtexte, von Stein zu Stein. Im Mittelpunkt stehen die Schicksale von 14 Menschen, für die vor ihren ehemaligen Wohn- und Wirkungsstätten jeweils ein Stolperstein verlegt wurde. Der Rundgang konzentriert sich auf die Lebens- und Leidensgeschichten von Gelnhäuser Juden und derjenigen, die für diese arbeiteten, sich mit ihnen solidarisch zeigten und deshalb als sog. „Judenknechte“ verfolgt wurden.
Das gemeinsame Ziel von Dörr und Raedler ist es, die durch Stolpersteine markierten Orte zu außerschulische Lernorte werden zu lassen, an denen Geschichte erfahrbar wird.
Dörr, der seine Examensarbeit über den Einsatz des Mediums „Stolpersteine“ im Geschichtsunterricht verfasste, ist derzeit Referendar an der Kreisrealschule Glenhausen. So ergab sich die Möglichkeit eines Praxistests. In Zusammenarbeit mit seinem Kollegen, dem Geschichtslehrer Jörg Schmalfuß, erprobten Dörr und Raedler in diesem Sommer die Arbeitsergebnisse mit zwei Klassen des Jahrgangs 10 der Kreisrealschule Gelnhausen. Die jungen Leute waren durchweg engagiert und motiviert bei der Sache. Besonders die Spurensuche „vor der eigenen Haustür“ begeisterte die Schülerinnen und Schüler. Die Sammlung der Text- und Bildquellen sowie die Audioquelle einer Zeitzeugin ermöglichten ihnen die Rekonstruktion lokaler historischer Vorgänge und eine intensive Auseinandersetzung mit den Einzelschicksalen. Die Jugendlichen entdeckten sprichwörtlich die „Geschichte hinter den Steinen“. Ziel war es, den Jugendlichen zu vermitteln, wie sich die allgemeine, „große Geschichte“ des Nationalsozialismus vor Ort auswirkte und so z.B. aus kaum vorstellbaren Opferzahlen konkret nachvollziehbare Einzelschicksale werden zu lassen.
Demnächst wird das Angebot „Guide Stolpersteine Gelnhausen – Eine Spurensuche für junge Menschen“ veröffentlicht und zu einem späteren Zeitpunkt auch online als Download zur Verfügung gestellt. Dörr und Raedler hoffen auf breite Resonanz bei interessierten Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrern sowie Jugendlichen, die die Spurensuche zur Geschichte der Verfolgung jüdischer Gelnhäuser im Nationalsozialismus an authentischen Orten der Stadt aufnehmen wollen.

Zehntklässler der Kreisrealschule Gelnhausen auf Spurensuche zur Lokalgeschichte
Zehntklässler der Kreisrealschule Gelnhausen auf Spurensuche zur Lokalgeschichte