Elisabeth Strupp

Das Leben im 16. und 17. Jahrhundert war für die Menschen in Gelnhausen geprägt durch immer wiederkehrende Pestepidemien, Missernten, mangelnde hygienische Zustände, die sich hauptsächlich in einer hohen Zahl von Totgeburten und Kindersterblichkeit niederschlugen, Verunsicherungen durch die theologischen Streitigkeiten der Reformationszeit und die Kampfhandlungen des 30-jährigen Krieges. Darüber hinaus herrscht eine alles bestimmende Angst vor dem Bösen, vor Teufeln und Unholden.

Von Zeit zu Zeit brach eine fieberhafte Suche nach Schuldigen für Missernten und persönliche Schicksalsschläge aus. Wurden früher derlei Heimsuchungen kurzerhand den Juden „in die Schuhe geschoben“, so ist das in der Zeit der Gelnhäuser Hexenverfolgung nicht mehr möglich, da diese bereits in den Jahren zuvor aus der Stadt vertrieben wurden. Nun mussten zumeist Frauen als neue „Sündenböcke“ herhalten.

Elisabeth Strupp kam 1567 mit ihrem Mann Johannes nach Gelnhausen. Der gebürtige Gelnhäuser wurde Pfarrer in der Marienkirche. In Gelnhausen kannte Elisabeth jeder – vom Kleinkind bis zur Greisin, vom kleinen Weinbauern bis zum Ratsherrn. Elisabeth stand Schwangeren bei, kümmerte sich um die Kranken der Stadt und unternahm Heilungsversuche.

Im Jahr 1597 verstarb Johannes Strupp. Wenige Jahre nach dem Tod ihres Mannes wurde Elisabeth von der als „Hexe“ angeklagten Barbara Scherer unter Folter als „Lehrmeisterin“ angegeben. Als Witwe war sie der Situation schutzlos ausgeliefert.

Eine Beschuldigung reichte aus, um einen Hexenprozess einzuleiten: Elisabeth Strupp wurde der Hexerei angeklagt. Der Pfarrerswitwe wurde ihre wissenschaftliche Neugier und Experimentierfreude mit Wurzeln und Kräutern zum Verhängnis.

Folgende Beschuldigungen verschiedener Gelnhäuser Bürger führten zu ihrer Verhaftung:

  • Die Gattin des Job Steuernagels verlor ein Kind, nachdem Elisabeth der Schwangeren den Bauch gestreichelt und mit einer Wurzel hantiert haben soll.
  • Einer Frau habe sie ins Auge geblasen und eine Verwünschung ausgestoßen, worauf das Auge ausgefallen sei.
  • Der Lehrjunge von Breidenbachs hat sich über einen „Griff ans Knie“ beklagt, der ihn in einen Lähmungszustand versetzte.

Man sperrte Elisabeth Strupp in den Gelnhäuser „Hexenturm“, der als Gefängnis diente.
Unter erniedrigenden Haftbedingungen wurde sie in das stockdunkle Verlies hinuntergelassen und erst Tage später zum Verhör wieder hinaufgezogen.

Ihr Verhör fand im Gelnhäuser Rathaus statt. Man unterschied in der Regel drei Phasen des Verhörs: die gütliche Befragung, die Befragung mit Vorzeigen und Erklären der Folterinstrumente und die peinliche Befragung, bei der die Folter Anwendung fand. Die Angeklagten wurden im Verhör dazu gezwungen, weitere Personen der Hexerei zu beschuldigen. Die genannten Personen wurden dann ebenfalls verhaftet und verhört.

Die gütliche Befragung führte bei Elisabeth Strupp zu keinem Geständnis. Obwohl die Fragen im Verhör direkt formuliert waren, die Schuld der Verhörten voraussetzten und eine einschüchternd-beklemmende Atmosphäre vermittelten, blieb Elisabeth standhaft.

Im sogenannten „peinlichen Verhör“ wurde Elisabeth Strupp unter Anwendung unterschiedlicher Folterinstrumente erneut befragt. Sie gestand den Vorwurf der Hexerei, um den Qualen der Folter ein Ende zu setzen. Sie wurde zum Tode verurteilt.

Ihrer familiären Zugehörigkeit zur Geistlichkeit der Stadt verdankte sie der Gnade einer schnellen Hinrichtung mit dem Schwert und der anschließenden Verbrennung am 03. August 1599 am Gelnhäuser Escher.

Nach Elisabeths Tod stoppte die Hexenverfolgung in Gelnhausen für eine lange Zeit.
Obwohl den Tod vor Augen, hegte die Pfarrerswitwe keine Rachegedanken und handelte besonnen: Sie benannte nur bereits hingerichtete Frauen und stoppte somit die Verfolgungswelle. Keiner lebenden Person wurde dadurch Leid zugefügt, auch nicht jenen, die Elisabeth auf die Folterbank und den Richtplatz brachten.